Urlaub ist etwas Herrliches – vor allem, wenn die Reise einen auf Kreuzfahrt in die Südsee führt. Los ging es am 2. Februar 2024, als meine Partnerin und ich am frühen Abend in Nadi/Fidschi die MS Europa 2 besteigen durften. 14 Tage später sollten wir am Zielhafen in Auckland/Neuseeland ankommen.
Nach unseren ersten zwei Nächten und einem Tag auf See stand der erste Landgang auf der Fidschi-Insel Somosomo auf dem Programm. Es ging auf Bike-Tour zu Wasserfällen, in denen wir nach einem finalen 15-minütigen Fußmarsch ausgiebig badeten – ein Traum!
Abends zurück auf dem Schiff stellte ich eine klitzekleine Wunde an der linken Ferse fest: Genau an der Stelle, an der der Schaft meiner Trekkingschuhe endete. Diese Mini-Wunde ist durch Reibung entstanden.
Da es nur ein kleiner Riss in der Haut war, habe ich dem keine Bedeutung beigemessen. Das hätte ich mal besser anders gemacht. Denn am 13. Februar stellten sich Schmerzen und eine Schwellung im linken Fuß ein. Ich dachte, dass der Schmerz auf eine Verstauchung zurückzuführen ist. Ich rieb die schmerzende Stelle mit Sportsalbe ein und schluckte eine Voltaren-Tablette. Kurz darauf bekam ich Schüttelfrost. Ich glaubte zunächst, dass die Voltaren daran schuld war.
Am nächsten Nachmittag legte ich mich mit stärkeren Schmerzen ins Bett und hatte Schüttelfrost mit Fieber. Am 15.02. ließ ich mich im Rollstuhl ins Schiffshospital bringen. Die Ärztin diagnostizierte eine Entzündung im Fuß, reinigte die kleine Wunde an meiner Ferse und verabreichte mir per Infusion ein Breitband-Antibiotikum.
Am nächsten Morgen dem Tag der Ausschiffung in Auckland, hatte der Fuß eine deutliche, dunkle Verfärbung im Bereich des Knöchels. Die Schmerzen und die Schwellung waren schlimmer geworden. Die Schiffsärztin agierte schnell und ließ mich sofort per Krankenwagen direkt ins City Hospital Auckland bringen. Im Emergency Room angekommen, stellten die Ärzte bei mir eine schwere Entzündung des linken Fußes fest und eine Sepsis.
Was dann passierte, weiß ich mehr oder weniger nur aus Erzählungen. Mein Fuß schwoll extrem an. Der Anblick war schrecklich. Die Schwellung mit grotesker Blasenbildung weitete sich täglich mehr aus, zunächst bis zum Knie und später hoch bis zur linken Leiste. In den ersten drei Tagen im Hospital hatte ich über 40 Grad Fieber, einen Puls von 60 und einen Blutdruck von 86 zu 56. Die Nahrungsaufnahme, ob flüssig oder fest, verweigerte ich. Bei jedem Versuch musste ich mich sofort übergeben.
Ich war kaum ansprechbar und war mir nicht bewusst, dass ich in akuter Lebensgefahr schwebte. Meine Partnerin war mit verschiedenen Ärzten in Deutschland in Kontakt und erkannte das hohe Risiko. Sie drängte nach Ultraschall, MRT und schnelleren Reaktionen und Untersuchungen im Krankenhaus.
Bereits seit dem 1. Tag nach Einlieferung im City Hospital Auckland kümmerte sie sich um meinen Rücktransport nach Deutschland. Die medizinische Betreuung in Neuseeland war gut, das Personal war außerordentlich freundlich, doch die Mühlen mahlten für meine kritische Situation nicht schnell genug. Mein Wunsch, von deutschen Ärzten betreut zu werden, wurde immer dringlicher.
Mein Sohn setzte sich kurz entschlossen ins Flugzeug, um zu meiner Unterstützung nach Neuseeland zu fliegen. Nur er als engster Verwandter hätte in meiner Vertretung den notwendigen operativen Entscheidungen zum Beispiel einer Amputation zustimmen können. Das Ergebnis der verzögert durchgeführten MRT Untersuchung ergab, dass zu diesem Zeitpunkt weder Knochen noch Sehnen im Fuß durch die Entzündung angegriffen waren. Die Blutwerte normalisierten sich, Puls und Blutdruck hielten sich stabil und die heftigen Fieber-Anfälle wurden durch intravenöse Paracetamol-Infusionen ausgeglichen.
Den Ärzten ist es nach vier Tagen, die ich im Delirium verbrachte, gelungen, eine wirksame Antibiotikum-Mischung zu finden, so dass die Entzündung sich nicht weiter ausbreitete. Die Diskussionen über eine mögliche Amputation oder anderer Operationen in Neuseeland wurde glückerweise dank des MRT-Ergebnisses aufgeschoben.
Gleichzeitig waren wir ständig mit verschiedenen Versicherungen im Gespräch, um mich nach Deutschland zu transportieren. Man ließ uns wissen, dass Neuseeland kein Dritte-Welt-Land sei. Außerdem wäre ich nicht transportfähig und würde möglicherweise den Rückflug nicht überleben, zumal in einem Flugzeug andere Umstände herrschen wie z.B. variierende Durckverhältnisse. Ich solle mich in Auckland weiter behandeln und gegebenenfalls operieren lassen. Dass dies womöglich Monate dauere, müsse ich in Kauf nehmen.
Zu meinem Glück hatte der Veranstalter der Kreuzfahrt, Hapag Lloyd Cruises, meine Kontaktdaten an ihren Vertragspartner, der in Reutlingen ansässigen med con team GmbH übermittelt. Das Unternehmen bietet im Ausland erkrankten Personen Hilfe vor Ort an bis hin zu weltweiten Rückholungen, die von jedem Land der Erde aus organisiert und durchgeführt werden. Die Gespräche mit med con Team liefen zügig und professionell ab. Das Unternehmen reagierte innerhalb weniger Stunden, nachdem sie die Fotos meines Fußes und die medizinischen Berichte erhalten haben.
In der umgehend aufgesetzten Telefonkonferenz mit dem Chefarzt von med con team wurde der Ablauf einer Rückholung nach Deutschland besprochen. In Absprache mit den Leitern der septischen Abteilung und der plastischen Chirurgie der BG Unfallklinik Tübingen wurde die Indikation für die Notwendigkeit der Rückholung gestellt. Ein solches Dokument ist wichtig, um die Kosten bei den Versicherungen im Nachhinein geltend zu machen.
Wir waren außerordentlich positiv überrascht über die strukturierte Herangehensweise und vor allem, wie sich der leitende Arzt der Verantwortung stellte und mir ein absolut sicheres Gefühl übermittelte. Am nächsten Tag stiegen der Arzt und ein Notfallsanitäter von med con bereits ins Flugzeug, um mich von Neuseeland nach Deutschland zurückzuholen. Ein unglaublich schneller und zuverlässiger Service.
Am 25. Februar war es dann so weit. Ein Arzt und Notfallsanitäter regelten im City Hospital alle Formalitäten der Übernahme und fuhren mit mir in einem großen Taxi, in dem ich die Beine und vor allem meinen verbundenen Fuß hochlegen konnte, zum Airport Auckland. Dort stand ein Rollstuhl und ein Mitarbeiter der Fluglinie Air New Zealand für mich bereit und wir gingen in die Lounge der Airline. Wenig später schoben mich meine Begleiter in die Maschine. Dort waren Sitze in der Business Class reserviert, damit ich nach Start und Landung meine Beine ausstrecken und meinen Fuß in eine einigermaßen entspannte Position bringen konnte. Die medizinischen Begleiter hatten ihre Plätze direkt neben mir. Für alle Fälle führten sie alle Utensilien für ein intravenöse Antibiotika Infusion mit sich und hatten von der Fluglinie die Genehmigung, mir Infusionen verabreichen zu dürfen. Die beiden versorgten mich mit Antibiotikum und Schmerztabletten, überwachten meinen Puls plus Körpertemperatur und eskortierten mich zur Toilette, die ich mit Hilfe von Krücken erreichte.
Nach 12 Stunden Flug landeten wir in Houston/Texas. Auch dieser Airport stellte einen Mitarbeiter für mich ab, der direkt nach Verlassen der Maschine mit einem Rollstuhl auf mich wartete. Bis auf die umfangreicheren Sicherheitsmaßnahmen mit sehr ausführlichen Körperkontrollen und Prüfung des Handgepäcks lief das weitere Procedere so ab wie im Flughafen Auckland. Die Betreuung während des Flugs mit Lufthansa von Houston nach Frankfurt/Main durch meine medizinischen Begleiter war genauso perfekt wie auf dem ersten Flug mit Air New Zealand.
Morgens gegen 10:30 Uhr Ortszeit landeten wir auf dem Flughafen Frankfurt – ich hatte es geschafft und dachte mir, dem lieben Herrgott sei Dank, endlich bin ich mit meinem kranken Fuß auf deutschem Boden! Auch in Frankfurt erwartete mich direkt am „Finger“ eine Mitarbeiterin des Airports mit Rollstuhl. Sie brachte mich und meine Begleiter zur Gepäckausgabe und schließlich in die Ankunftshalle. Dort stand der von med con team organisierte Fahrer bereit, der uns zu einem geräumigen Mercedes Vito nach Tübingen fuhr. Die Anmeldeformalitäten hatte seine Gesellschaft im Vorfeld bereits erledigt, so dass ich in der Klinik direkt mein Zimmer beziehen konnte.
Nach zwei gelungenen Operationen und der hervorragenden Betreuung durch den Chefarzt der Plastischen Chirurgie bin ich am 12. März aus der Klinik nach Hause entlassen worden. An meinem Fuß im Bereich des Knöchels wurde abgestorbenes Gewebe rausgeschnitten und dafür gesorgt, dass neues Gewebe schnell nachwächst. In der zweiten OP konnte Haut vom Oberschenkel entnommen und im Bereich des Knöchels transplantiert werden.
Bis die Wunde an meinem Fuß komplett verheilt ist, wird es etwa drei Monate dauern. Nur dank der Rückholung aus Auckland und Überführung in die BG Klinik Tübingen durfte ich bereits jetzt schon Radfahren – zugegeben, zunächst nur mit dem E-Bike und Spezialschuh.
Rückblickend kann ich sagen, dass Urlaub tatsächlich etwas Herrliches ist, ganz egal ob man sich in der Südsee aufhält oder an einem nah gelegenen Ort. Ich darf positiv zurückblicken, weil mein Fuß gerettet ist, und ich die schwere Entzündung und Sepsis ohne Amputation des Unterschenkels überstand. Allen Freunden, Bekannten und denen, die diesen Bericht lesen, empfehle ich, sich im Zweifelsfall eine Zweitmeinung bei einer renommierten Firma für die Versorgung von weltweiten medizinischen Fällen einzuholen. Ohne diese hätte ich im City Hospital Auckland bleiben müssen, um dort am Ende auch operiert zu werden. Wann und in welchem Zustand ich dann nach Hause gekommen wäre, werde ich zum Glück nie erfahren.